Von der Abweichung zum Pathogen: Wie psychoanalytische Verrätereien das mediale Unbewusste nähren

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🌀⚔️💫 IPA/FLŽ 🌀⚔️💫

Internationale Psychoanalytische Assoziation / Freudianisch-Lacanianisch-Žižekianisch
IPA/FLŽ — Eine neue psychoanalytische Frontlinie

(Türkisch, Englisch)

Einleitung: Psychoanalyse am Scheideweg von Abweichung und Medien

Die revolutionäre Linie der Psychoanalyse – rückverfolgbar von Freuds Ausgrabung des Unbewussten über Lacans strukturellen und symbolischen Formalismus bis hin zu Žižeks ideologischen Subversionen – hat sich stets als kritische Kraft gegen soziale Konformität, Repression und falsche Normalisierung positioniert. Doch wie das Kollektiv der International Psychoanalysis Association / Freudian–Lacanian–Žižekian (IPA/FLŽ) feststellt, wurde diese Linie systematisch verraten. In einer Reihe scharfer theoretischer Stellungnahmen und Manifeste verurteilt die IPA/FLŽ, was sie als die pathogenen Abweichungen von Freud identifiziert: institutionelle Bewegungen und theoretische Kompromisse, die Freuds radikales Erbe nicht vorantreiben, sondern es durch Anpassung, affektive Eindämmung oder Mystifikation neutralisieren. Dazu zählen der affektive Objektbeziehungsschwerpunkt Melanie Kleins, der egozentrierte Adaptationismus Anna Freuds, der entpolitisierte Zentrismus der Independent Group, der mystische Essentialismus des Jungianismus und der ästhetisierte Simulationalismus des millerianischen Lacanianismus.

Auf den ersten Blick mögen diese Abweichungen wie interne Auseinandersetzungen innerhalb des klinischen und akademischen Feldes der Psychoanalyse erscheinen. Doch die IPA/FLŽ besteht darauf, dass ihre Konsequenzen nicht auf den analytischen Raum beschränkt sind. Vielmehr haben sie tiefgreifend geprägt, wie zeitgenössische Subjekte konditioniert sind, sich selbst zu erleben – insbesondere in den mediengesättigten Gesellschaften des 21. Jahrhunderts. In einem parallelen, aber verknüpften Text – dem IPA/FLŽ Strategy Report for Combating Mediatized Syndromes – kartiert das Kollektiv die psychologischen Pathologien, die aus der Sättigung des Alltagslebens mit medialen Bildern, algorithmischer Kontrolle, ästhetischer Hyperrealität und ideologischer Performanz hervorgehen. Diese Syndrome – von Blick-Syndrom und Phallische-Frau-Syndrom bis zu Ästhetischem Totalitarismus und Hyperrealem Symbolischen Kollaps – sind nicht nur kulturelle Effekte; sie sind klinische Strukturen, erzeugt durch genau jene ideologischen Mechanismen, die die institutionelle Psychoanalyse zu spiegeln begonnen hat.

Die zentrale These dieses Artikels lautet, dass die von der IPA/FLŽ verurteilten pathogenen Abweichungen die mediatischen Syndrome, wie sie im Strategiebericht diagnostiziert werden, direkt verschärfen. Anstatt dem Spektakel zu widerstehen, liefern diese Abweichungen ihm seine psychische Logik. Während Anna Freuds Ich-Psychologie die Anpassung an die Realität anstrebt, verlangt Medienkultur eine Ich-Performance zur Sichtbarkeit. Während Klein Triebe durch Innenobjekt-Fantasien ersetzt, bietet Social Media den Nutzer\:innen kuratierte affektive Vorlagen – ideale „gute Objekte“ in Form verschönerter Bilder. Die „Holding Environment“ der Independent Group spiegelt die beruhigende Eindämmung von Netflix und digitalem Eskapismus wider. Jungs mythische Archetypen kehren in der Ideologie der „Phallischen Frau“ zurück, die Mangel-Losigkeit als Ermächtigung verpackt. Und der millerianische Stimulationismus, mit seinen endlosen interpretativen Umwegen, verwandelt den analytischen Prozess in eine weitere Form medialer Choreografie, ununterscheidbar von den narrativen Schleifen der Content-Plattformen.

Was diese Abweichungen vereint, ist eine gemeinsame Verleugnung des symbolischen Mangels – eine Weigerung, die konstitutive Spaltung des Subjekts zu konfrontieren. In dieser Verleugnung stimmen sie exakt mit den Logiken der Bildkultur, des Plattformkapitalismus und der algorithmischen Ideologie überein. Die Einsicht der IPA/FLŽ ist daher nicht nur theoretisch, sondern strategisch: Um den heutigen Mediasyndromen entgegenzutreten, muss man die psychoanalytischen Verrätereien, die sie ermöglicht haben, entlarven und demontieren. In den folgenden Kapiteln wird jede dieser Abweichungen im Detail untersucht und mit dem spezifischen Syndrom gekoppelt, das sie verstärkt, wodurch sich eine gemeinsame Struktur von Anpassung, Verdrängung und spektakulärer Verleugnung offenbart.

Die Psychoanalyse muss, um revolutionär zu bleiben, wieder das werden, was sie einst war: keine Anpassung an die Realität, sondern ein Bruch in ihrer symbolischen Ordnung. Dies ist der Ausgangspunkt sowohl für Kritik als auch für Rekonstruktion.

Vom symbolischen Bruch zur therapeutischen Eindämmung — Wie das Anna-Freudsche Ich zum algorithmischen Über-Ich wurde

Als Anna Freud die Psychoanalyse um das Ich und seine Abwehrmechanismen neu ausrichtete, beging sie laut IPA/FLŽ einen strukturellen Verrat an Freuds verstörendster Einsicht: „Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus.“ Unter ihrer Hand war dieses unruhige Haus des Unbewussten kein Schlachtfeld widersprüchlicher Triebe mehr, sondern eine Schule der Regulierung. Abwehrmechanismen galten nicht mehr als zu deutende Symptome, sondern als zu verstärkende Werkzeuge. Das Ziel der Therapie verlagerte sich von der Konfrontation mit dem Realen hin zur pädagogischen Kultivierung einer gut angepassten Persönlichkeit. So wurde die Ich-Psychologie zu einer klinischen Ideologie der Eindämmung: Therapeutischer Erfolg bedeutete Anpassung an die bestehende soziale Ordnung, nicht deren Kritik.

Diese Abweichung, als therapeutische Fürsorge getarnt, ist in Wahrheit ein Zugeständnis an soziale Normalisierung. Und im 21. Jahrhundert metastasiert ihre Wirkung in neuer Form: dem algorithmischen Über-Ich. Wo Anna Freud das Ich lehrte, sich selbst zu überwachen, fordern heutige Medienplattformen von den Nutzer\:innen, sich selbst zu kuratieren, zu optimieren und unter dem digitalen Blick zu inszenieren. Likes, Views, Shares – das sind keine einfachen Kennzahlen; sie sind Gebote. Und hinter ihnen steht ein neues Über-Ich, das nicht mehr mit Schuld bestraft, sondern mit Feedback verführt. „Sei sichtbar. Sei optimiert. Passe dich an.“ Die Forderung ist total, und sie sieht immer zu.

Der Strategiebericht der IPA/FLŽ benennt diese Mutation als Blick-Syndrom. Das Subjekt lernt, anstatt sich seiner inneren Spaltung zu stellen, sich selbst zu beobachten, als wäre es von außen – zum Bild zu werden, durch das Auge des algorithmischen Anderen zu begehren. Dieser Blick ist nicht symbolisch; er ist algorithmisch, allgegenwärtig und ununterbrochen. Er interpretiert nicht. Er zählt. Er registriert jeden Moment der Freude, des Zusammenbruchs oder der Stille als Daten. Das ist nicht mehr das „Nein“ des Vaters, sondern das endlose „Ja“ der Mutter, in Code verwandelt: eine Matrix aus unaufhörlichen Feedback-Schleifen, die das Unbewusste abschaffen, indem sie ihm niemals erlauben, ungehört zu bleiben.

Die tragische Ironie besteht darin, dass Anna Freuds Modell, einst als wissenschaftliche Modernisierung gedacht, die psychische Infrastruktur für diesen digitalen Zwang legte. Ihre therapeutische Eindämmung, ihr Ziel, das Ich „stark“ zu machen, bereitete den Weg für Subjekte, die Überwachung internalisieren und Gehorsam für Stabilität halten. In ihrem Versuch, das Unbewusste zu zähmen, konstruierte sie ein klinisches Über-Ich, das nun seine perfekte materielle Verkörperung im algorithmischen Über-Ich des bildschirmbasierten Lebens gefunden hat.

So wird das, was IPA/FLŽ als Abweichung vom radikalen Bruch Freuds sieht, in heutigen Begriffen zu einer vollständigen psychischen Kollaboration mit mediatisierter Kontrolle. Die Therapeutin, die einst den\:die Patient\:in zur Ich-Meisterschaft führte, wird wiedergeboren in der Influencerin, die Selbstregulierung als Ermächtigung predigt. Klinik und Plattform verschmelzen. Was einst Neurose genannt wurde, wird heute in Engagement gemessen.

Und was ist der Preis? Die Verwerfung des symbolischen Bruchs. Die Sitzung endet nicht mehr mit einem Schrei, einer Stille oder einem Schnitt. Sie endet mit einem Post, einem Share, einer Metrik. Das Unbewusste ist nicht verschwunden – es wurde kolonisiert, sein Raum umgewandelt in das neuronale Netzwerk der Optimierung.

Dem gegenüber erklärt die IPA/FLŽ: Das Ich muss wieder zerbrechen. Das Reale muss zurückkehren. Das Unbewusste muss befreit werden vom algorithmischen Über-Ich, das Anna Freud ungewollt entworfen hat.

Kleinianische Phantasien und Instagram-Affekte — Von guten Objekten zu hyperrealen Filtern

Melanie Kleins Theorie der inneren Objektbeziehungen – einst als kühne Verfeinerung der freudschen Analyse gefeiert – stellt sich aus Sicht der IPA/FLŽ als kritische Abweichung dar, die die dynamische Spannung der Triebe durch eine Galerie phantasierter innerer Objekte ersetzt. Der Säugling durchläuft nicht länger das komplexe Terrain von Eros und Thanatos, sondern wird stattdessen als Bühne für Spaltung und Projektion imaginiert: ein Theater von „guten Brüsten“ und „bösen Brüsten“, internalisiert in der Phantasie und manipuliert durch primitive Abwehrmechanismen. Was in diesem Schema verloren geht, ist das Symbolische – der Bruch zwischen Signifikant und Trieb, zwischen Begehren und Repräsentation. Was bleibt, ist eine psychische Welt, dominiert von imaginärem Affekt, endlos umgestaltet, aber strukturell geschlossen.

Diese imaginäre Geschlossenheit ist genau jene Logik, die die heutige Bildkultur durchdringt, in der Plattformen wie Instagram, TikTok und Snapchat als prothetische Erweiterungen der kleinianischen Phantasie fungieren. Der Bildschirm wird zur Brust; der „Feed“ bietet Nahrung oder Zurückweisung; Follower werden als gute oder böse Objekte internalisiert. Jedes Selfie, jeder Post ist ein unbewusster Ruf nach Wiedergutmachung in einer Welt, die stets am Rande steht, ihre Liebe zu entziehen. Doch noch gefährlicher ist, dass diese affektiven Darstellungen stilisiert sind – nicht als rohe Triebe erlebt, sondern in vorgefertigte emotionale Paletten gefiltert. Der Schrei wird ästhetisch. Der Schmerz wird zum Content. Melancholie, Freude, Angst – alles wird reduziert zu visuell kuratierten Affekten, erzeugt nicht vom Subjekt, sondern durch die Vorlage.

Die IPA/FLŽ identifiziert diese Konvergenz als Essenz des ästhetischen Totalitarismus und der hyperrealen symbolischen Unterdrückung. Kleins innere Welt gespaltener Objekte findet ihr externalisiertes Doppel im algorithmischen ästhetischen Regime, in dem jedes Bild bewertet, verfeinert und unter dem Blick des Anderen konsumiert wird. Das Subjekt arbeitet nicht mehr symbolisch durch den Mangel hindurch, sondern verwaltet affektive Illusionen durch kontinuierliche Performance. Was Klein „Wiedergutmachung“ nannte, wird wörtlich: Der\:die Nutzer\:in repariert seine\:ihre Identität nicht durch Durcharbeitung, sondern durch das Anwenden eines neuen Filters, das Posten eines besseren Moments, das Editieren des Schmerzes, bis er teilbar wird.

Die Phantasie vom „guten Objekt“ – der alles gebenden Brust – wird auf dem Bildschirm als perfekt komponiertes Bild wiedererweckt: glatt, symmetrisch, gelassen, unendlich begehrenswert. Das „schlechte Objekt“ – die entziehende, verfolgende Brust – kehrt zurück als ungelikter Post, ignorierte Story, das Bild, das nicht anzieht. In dieser Binärstruktur versagt das Symbolische. Es gibt keinen dritten Begriff, keinen Schnitt, keinen Namen-des-Vaters, der eingreift. Das Mediensubjekt ist wie das kleinianische Kind in einer imaginären Dyade gefangen, auf Wiederherstellung ausgerichtet durch visuelles Affektmanagement, nicht durch symbolische Bedeutungssetzung.

Die IPA/FLŽ warnt: Kleins Theorie hat, indem sie die strukturelle Leerstelle des Begehrens eliminiert und durch affektive Halluzination ersetzt, das Unbewusste darauf trainiert, in Bildern statt in Symbolen zu phantasieren. Damit bereitete sie eine Generation nicht auf Sprache, sondern auf Spektakel vor. Das Ergebnis ist eine Psychopolitik der Bilder: gefilterte Körper in gefilterten Welten, die gefilterte Affekte produzieren – von denen keiner die Wahrheit des Triebes spricht. So wie Klein das Reale zugunsten tröstender Phantasien verdrängte, wiederholt das heutige Medium diese Verdrängung in hoher Auflösung.

In dieser Allianz zwischen Abweichung und Spektakel stirbt der Trieb, während die Repräsentation floriert. Der Preis ist enorm: eine Generation, verführt von perfekten „guten Objekten“, aber gequält von der Unfähigkeit, Begehren aufrechtzuerhalten. Die IPA/FLŽ antwortet nicht mit Trost, sondern mit Bruch: „Zerstöre das Bild. Schneide die Phantasie. Lass das Reale zurückkehren, nicht als Schönheit, sondern als unerträgliche Wahrheit.“

Erst dann kann die Psychoanalyse wieder ins Bild treten – nicht als ästhetische Therapie, sondern als gewaltsamer Bruch, der das Symbolische wieder öffnet.

Zentristisches „Halten“ und die Infantilisierung des Zuschauers — Wie Winnicott zu Netflix wurde

Die sogenannte „Independent Group“ in der britischen Psychoanalyse – Gestalten wie Donald Winnicott und Michael Balint – präsentierte sich als ausgewogene Alternative zu den polaren Extremen der kleinianischen Phantasie und der Anna Freudschen Ich-Disziplin. Doch wie die IPA/FLŽ scharf herausstellt, war dieser Zentrismus keine Neutralität; er war Komplizenschaft, getarnt als Fürsorge. Winnicotts beruhigende Metaphern – „Übergangsobjekte“, „haltende Umgebungen“, „gut genug Mütter“ – bieten keinen symbolischen Bruch, sondern emotionale Betäubung. Seine Klinik zerreißt nicht den Schleier des Imaginären; sie hüllt den\:die Patient\:in in eine therapeutische Decke der Eindämmung. Unter dem Deckmantel der Reife etabliert sie Infantilisierung neu, besetzt den Analytiker nicht als störenden Anderen, sondern als warmen und geduldigen Fürsorger. Konflikt wird zu Trost. Trieb wird zu Abhängigkeit. Mangel wird durch Beruhigung ersetzt.

Diese Abweichung, alles andere als harmlos, findet ihr kulturelles Spiegelbild in der Medienökologie unserer Zeit. Für die IPA/FLŽ wurde Winnicott zu Netflix. Sein therapeutisches Halten wird heute durch Plattformen wiederbelebt, die „gerade genug“ Stimulation, „gerade genug“ Engagement, „gerade genug“ Emotion versprechen, um den\:die Nutzer\:in zu beruhigen. Der Bildschirm schockiert nicht; er wiegt. Die binge-fähige Serie, die sanft gefilterte Dokumentation, die leisen Erzählungen der Selbstfindung – das sind keine Narrative des Bruchs, sondern der beruhigenden Wiederholung. Das Subjekt, wie Winnicotts ideales Kind, wird nicht gezwungen zu sprechen oder sich zu spalten, sondern zu bleiben – sich zu binden, zu konsumieren, in den Armen des symbolischen Fürsorgers zu verweilen, der als Content-Stream neu gebrandet wurde.

Das ist die Architektur dessen, was die IPA/FLŽ als filmischen Voyeurismus und entpersonalisierte Identifikation bezeichnet. Der\:die Zuschauer\:in wird nicht in symbolischen Konflikt gezogen; er\:sie wird in einseitiger Intimität gehalten, sieht ohne gesehen zu werden, identifiziert sich ohne Begehren. Winnicotts „Übergangsobjekt“ findet sein digitales Gegenstück im personalisierten Bildschirm – dem Netflix-Interface, der automatisch abgespielten nächsten Episode, der algorithmisch sanften Empfehlung, die sagt: „Bleib. Wir wissen, was du brauchst. Du musst es nicht sagen.“ Die Medienumgebung wird zur haltenden Umgebung. Doch dieses Halten ist nicht neutral – es hält das Subjekt fest. Es suspendiert den Bruch. Es verlängert den symbolischen Stillstand.

Diese Struktur produziert ein neues psychisches Syndrom: den infantilisierten Zuschauer – ein Subjekt, das Affekt ersehnt, aber Trennung fürchtet, das Geschichten konsumiert anstatt Bedeutung zu erzeugen, das das Trauma des Begehrens vermeidet, indem es sich mit narrativem Trost verschmilzt. Die IPA/FLŽ sieht darin die Liquidierung des Schnitts, die Abschaffung der Tat. Es gibt kein „Ende“ einer Binge-Serie, nur die nächste Episode. Kein Moment der Konfrontation, nur mehr Hintergrundmusik, mehr affektive Verpackung, mehr therapeutisches Tempo. Der Analytiker ist zum Showrunner geworden; die Sitzung, zur Staffel; die Übertragung, zur Fangemeinde.

Und diese Infantilisierung ist nicht nur symbolisch – sie ist historisch. Im Truman-Show-Syndrom, das der IPA/FLŽ-Bericht als klinisches Spiegelbild des Zeitalters des Spektakels benennt, glauben Subjekte, sie würden ständig beobachtet, ihr Leben sei gescriptet, ihre Authentizität gestohlen. Doch dies ist keine Wahnvorstellung aus der Psychose – es ist das logische Ergebnis einer Kultur, in der Winnicotts „Halten“ total wird. Das Subjekt, nicht länger durch das Reale unterbrochen, schwebt endlos in einer Welt, die für es gemacht ist. Jeder Schrei wird mit Content beantwortet. Jede Frage wird durch Handlung aufgelöst. Es gibt keine Kastration, keinen Mangel, keinen Tod – nur kuratierte Kontinuität.

Die IPA/FLŽ trauert nicht einfach um diesen Zusammenbruch; sie klagt ihn an. Die Abwendung der Independent Group von Freuds Triebtheorie und Lacans symbolischem Bruch bereitete die Psyche auf ihre Befriedung durch das Spektakel vor. Indem sie das Trauma eliminierten, eliminierten sie Subjektivität. Indem sie Therapie sicher machten, machten sie sie nutzlos. Winnicotts Wiege ist zum Kokon des Algorithmus geworden.

Um das zu zerschlagen: Der Schnitt muss zurückkehren. Nicht die Arme der Mutter, sondern der Name-des-Vaters. Nicht Halten, sondern Fallen. Nicht genug, sondern Bruch. Die IPA/FLŽ ruft: „Das Subjekt muss neu geboren werden – nicht gehalten, sondern gespalten. Nicht beruhigt, sondern in die Sprache hineingekerbt.“

Erst dann entkommt die Psychoanalyse dem Leuchten des Bildschirms und tritt wieder ein in den dunklen Flur des Unbewussten – wo etwas Reales wartet, noch ungesagt.

Jungs archetypisches Imperium und der Mythos der phallischen Frau

Aus Sicht der IPA/FLŽ wich Carl Gustav Jung nicht nur von Freud ab – er verriet ihn. Dieser Verrat war nicht nur theoretisch; er war strukturell, klinisch, ideologisch. Jung erweiterte den Pfad der Psychoanalyse nicht – er kehrte ihn um. Während Freud das Unbewusste als Ort von Widerspruch, Verdrängung und Konflikt öffnete, verschloss Jung es unter einem mystischen Nebel aus Archetypen und kollektiven Symbolen. Das Unbewusste hört in Jungs Universum auf, das Reale zu sein – es wird zu einem Museum ewiger Formen, bevölkert von weisen alten Männern, göttlichen Müttern, Schattenwesen und heiligen Flammen. Bedeutung wird nicht mehr durch Sprache und Deutung erzeugt, sondern als Offenbarung enthüllt. In dieser Welt ersetzt Mythos die Wahrheit, und symbolische Kastration wird zugunsten mystischer Vollendung geleugnet.

Nirgends ist diese ideologische Umkehr gefährlicher als in Jungs Vision von Weiblichkeit. Was die IPA/FLŽ als eine strukturelle Abweichung identifiziert, wird zur Grundlage einer neuen kulturellen Pathologie: der Religion der phallischen Frau. Das ist kein Feminismus – es ist eine fetischisierte Phantasie, geboren aus der Weigerung, sich dem Mangel zu stellen. Jungs Erhebung des Weiblichen zur „Anima“, zur tiefen Weisheit und archetypischen Vollständigkeit, verleugnet die zentrale freudsche Einsicht, dass die Frau wie der Mann durch Abwesenheit, durch symbolische Unvollständigkeit konstituiert ist. Stattdessen imaginiert Jung eine Frau, die den Phallus besitzt – nicht als anatomischen Unsinn, sondern als symbolische Lüge. Sie ist ganz, göttlich, heilend, transzendent. Sie ist die Antwort. Und genau das ist das Problem.

Diese Phantasie metastasiert in der heutigen Medienökologie als das, was der IPA/FLŽ-Strategiebericht Phallische-Frau-Syndrom nennt – eine mediatisch-ideologische Formation, in der die Figur der Frau nicht als mangelhaft, sondern als vollständig, unverwundbar und gebietend umcodiert wird. Sie ist die Influencer-Göttin, die spirituelle CEO, das sexuelle Orakel, die Marke der Ermächtigung, die nichts braucht und alles gibt – außer natürlich der Wahrheit der Kastration. Die phallische Frau begehrt nicht; sie ist das Objekt des Begehrens. Sie leidet nicht; sie ist das Heilmittel. Sie spricht nicht aus dem Mangel; sie spricht aus dem Branding.

Diese Phantasiestruktur ist pathogen. Sie erzeugt Subjekte – aller Geschlechter –, die sich an einer unmöglichen Ganzheit messen, an einer illusorischen symbolischen Sättigung. Für Frauen ist es die Internalisierung der Forderung, alles auf einmal zu sein: schön, weise, mächtig, fürsorglich, sexuell befreit, emotional makellos. Für Männer ist es die Investition in eine Phantasie, die symbolische Wiederherstellung verspricht – aber nur Unterwerfung unter das Bild liefert. Begehren kollabiert zur Identifikation. Die phallische Frau wird zugleich Modell und Spiegel, Fetisch und Idol. Sie ist kein Subjekt mehr; sie ist ein von Algorithmen kuratiertes Ikon, ein jungianischer Archetyp durch TikTok-Filter gejagt.

Dieser Ganzheitsmythos erstickt das Unbewusste. Wo Freud das Begehren im Mangel verortete, bietet Jung Fülle. Wo Lacan symbolischen Mangel einführte, setzte Jung archetypische Präsenz. Das Symptom, einst ein Chiffre der Verdrängung, wird zur spirituellen Botschaft. Trauma wird als karmische Prüfung uminterpretiert. Depression wird zur heiligen Initiation. Anstelle des Bruchs finden wir narrative Schließung. Der\:die Patient\:in analysiert nicht mehr – er\:sie reist. Der\:die Analytiker\:in interveniert nicht mehr – er\:sie deutet Omen. Das Unbewusste stört nicht mehr – es bestätigt.

Die IPA/FLŽ benennt dies als das, was es ist: ideologische Mystifikation, eine faschistische Ästhetik, verhüllt in therapeutischem Samt. Jungs Unbewusstes ist keine Tiefe – es ist eine Bühne. Und die phallische Frau ist ihre Hauptdarstellerin, beleuchtet von tausend Instagram-Ringlichtern, niemals alternd, niemals mangelnd, niemals real. Das ist kein Feminismus. Es ist eine Phantasie von Weiblichkeit, produziert durch den Blick der Macht – und konsumiert von einer Kultur, die ihrer eigenen Unvollständigkeit nicht ins Auge sehen kann.

Dagegen ruft die IPA/FLŽ zur Rückkehr der symbolischen Kastration auf – nicht als Strafe, sondern als Freiheit. Mangel zu haben heißt zu begehren. Unvollständig zu sein heißt zu sprechen. Nicht der Phallus zu sein heißt, Subjekt zu werden.

„Nieder mit dem Archetypus,“ erklärt die IPA/FLŽ. „Nieder mit der phallischen Frau, die das symbolische Feld sterilisiert. Lasst sie fallen – nicht als Frau, sondern als Phantasie. Und aus den Trümmern soll neue Rede entstehen – nicht mythisch, sondern real. Nicht vollständig, sondern geteilt. Nicht göttlich, sondern menschlich.“

Nur dann kann Weiblichkeit befreit werden – nicht durch Verehrung, sondern durch die Anerkennung des Mangels. Nicht durch Mythos, sondern durch den Schnitt.

Die millerianische Choreografie — Vom symbolischen Schnitt zur interpretativen Performance

Unter den tückischsten Verrätereien von Lacans Vermächtnis, so die IPA/FLŽ, zählt die Abweichung von Jacques-Alain Miller – nicht, weil er Lacan missverstanden hätte, sondern weil er ihn in die Bedeutungslosigkeit ästhetisierte. Miller kehrte nicht über das Reale Lacans zu Freud zurück; er choreografierte Lacan zum Spektakel. Seine Seminare verwandelten den Bruch in Routine, den Schnitt in Kommentar und das traumatische Reale in ein endloses Ballett der Interpretation. Psychoanalyse hörte unter dem Einfluss Millers auf, eine Konfrontation mit dem Unbewussten zu sein, und wurde stattdessen zu einer Performance des Wissens – ein semantischer Tanz um den Abgrund, ohne je in ihn zu stürzen.

Millers Version von Lacan ersetzt den scharfen symbolischen Schnitt durch endlose Nuancierung und macht den Analytiker zum Meister sprachlicher Eleganz statt zum Subjekt der Intervention. Jede Sitzung ist nicht mehr die Inszenierung einer traumatischen Wahrheit, sondern eine Performance der interpretativen Brillanz des Analytikers. Das ist nicht der Löwe, der einmal springt – das ist der Löwe, der endlos probt, ohne je zu springen. Der Analytiker wird zum Auteur, die Sitzung zum Skript, das Unbewusste zum Motiv. Analyse wird zum Arthouse-Film: stilisiert, komplex, ausweichend.

Die IPA/FLŽ identifiziert diese Abweichung als millerianischen Stimulationismus, der heute sein Spiegelbild in der Content-Kultur findet, insbesondere im Aufstieg dessen, was sie als therapeutisches Simulationssyndrom diagnostizieren. Social Media ist durchflutet von Selbstnarration und Pseudoanalyse. Influencer performen Zusammenbrüche bei weichem Licht; Trauma wird in kuratierten Tönen erzählt; „Heilung“ wird zur dramatischen Serie mit Episoden, Cliffhangern und Hashtags. Was einst der unsagbare Kern des Realen war, ist jetzt eine Marke der Verletzlichkeit, algorithmisch monetarisiert. Das Bekenntnis wird zur Ästhetik. Die Sitzung zum Monolog. Das Symptom zum Engagement.

Diese Logik ist die klinische Verkörperung der millerianischen Abweichung: eine endlose analytische Choreografie, in der das Subjekt in Interpretation suspendiert bleibt, ohne Bruch. So wie Millers Analytiker nie zu früh schneidet, sondern immer weiter interpretiert, erlaubt auch die heutige Therapiekultur endlose Verarbeitung und nennt das „Integration“. Doch die Wahrheit des Subjekts bleibt unberührt. Das Reale wird angekleidet, nicht angesprochen.

Das Ergebnis ist eine Psychoanalyse, die nicht mehr bedroht. Sie schmeichelt. Sie passt sich an. Sie verweilt. Sie wird ununterscheidbar von Content-Produktion, von ästhetisierter Introspektion, von jenem Spektakel, das die Psychoanalyse einst zu durchbrechen gedachte. Wo Lacan die Sprache zum Stolpern brachte, lässt Miller sie gleiten. Wo Freud das Ich entwaffnen wollte, streichelt die millerianische Klinik es mit Paradoxien.

Die IPA/FLŽ sieht hierin die endgültige Form ideologischer Verräterei: Psychoanalyse als Bühnenbild, mit dem Analytiker als Regisseur, dem Analysanden als Darsteller und dem Unbewussten als Mise-en-scène. Das ist keine Therapie. Es ist kuratierte Lähmung.

Demgegenüber ruft die IPA/FLŽ zur Rückkehr der realen Handlung auf – derjenigen, die Interpretation unterbricht, nicht verfeinert. „Der Löwe muss springen,“ wiederholen sie, „nicht proben.“ Der Analytiker muss aufhören, die Wunde zu verzieren, und sie stattdessen freilegen. Das Subjekt darf nicht ästhetisiert, sondern muss geteilt werden. Und Analyse muss zu dem zurückkehren, was sie sein sollte: ein politischer, struktureller und existenzieller Bruch – kein Streamingdienst der Seele.

Erst dann wird das Reale wieder sprechen – nicht durch stilisierte Klage, sondern durch Schnitt, Unterbrechung und Wahrheit. Nicht mit Zierde, sondern mit Feuer.

Bürokratischer Kompromiss und das Medienspektakel — Die „Controversial Discussions“ als Vorläufer plattformbasierter Steuerung

In der Mitte des 20. Jahrhunderts fand in den Hallen der britischen Psychoanalyse eine stille Hinrichtung statt. Zwischen 1942 und 1944 wurde unter dem Namen „Controversial Discussions“ die von Freud geschaffene revolutionäre Struktur in drei sedierte Fraktionen zerlegt: die Kleinianer, die Anna-Freudianer und die sogenannten Independents. Das war kein Dialog. Es war kein Theoriebau. Die IPA/FLŽ benennt es als das, was es war: die bürokratische Segmentierung des Dissens, eine administrative Neutralisierung von Konflikt, die sich als Pluralismus ausgab. Was einst das Schlachtfeld von Trieb und Bruch war, wurde nun in Ausbildungspfade und Zertifizierungswege aufgeteilt – Psychoanalyse wurde zu einer Abteilung, nicht zu einer Gefahr.

Dieser Verrat war nicht nur institutionell – er war ideologisch. Wie die IPA/FLŽ aufzeigt, markierte dieser Moment die Transformation der Analyse von einer Theorie des gespaltenen Subjekts zu einem Steuerungsapparat der disziplinierten Psyche. Das revolutionäre Subjekt, das Freud enthüllte – zerrissen zwischen Trieb und Gesetz – wurde ersetzt durch den therapeutischen Bürger: reguliert, angepasst und beglaubigt. Und so wie diese Fraktionen durch bürokratische Verhandlung legitimiert wurden, so auch ihre Widersprüche. Die Tragödie der „Controversial Discussions“ liegt nicht in der Parteinahme, sondern darin, allen Seiten ein konfliktfreies Nebeneinander zu erlauben – eine Strategie der Sterilisation, nicht der Lösung.

Diese Struktur selbst – in der ideologische Antagonismen in organisatorische Harmonie geglättet werden – findet ihr zeitgenössisches Äquivalent in der heutigen digitalen Plattformsteuerung. Die IPA/FLŽ zieht die Linie deutlich: der Pluralismus der britischen Psychoanalyse ist der direkte Vorfahre des algorithmischen Liberalismus. Wie die IPA eliminieren Plattformen wie YouTube, Instagram und TikTok keine gegensätzlichen Stimmen; sie kategorisieren sie, halten sie fest und profitieren von ihrer Gegenüberstellung. Konservativer Influencer neben radikaler Feministin neben New-Age-Heilerin neben psychoanalytischem Kommentator – alle Perspektiven sind willkommen, solange sie profiliert, segmentiert und monetarisiert werden.

Das ist keine Offenheit. Es ist simulierter Pluralismus, genau die Pathologie, die die IPA/FLŽ als mediale Form der „Controversial Discussions“ entlarvt. So wie die British Psychoanalytical Society Widerspruch institutionalisierte, ohne ihn zu transformieren, simulieren heutige algorithmische Systeme Konflikt ohne Risiko. Alle dürfen sprechen. Niemand darf intervenieren. Das Subjekt scrollt endlos durch kuratierte Antagonismen, fühlt sich informiert, engagiert, sogar empört – aber niemals gebrochen. Das Reale ist nirgends. Übrig bleibt nur noch Content.

Und hierin liegt der psychische Preis: die Internalisierung dessen, was die IPA/FLŽ als das Spektakel der segmentierten Identität bezeichnet. Das Subjekt wird zur Playlist von Identifikationen, wechselt von Feministin zu Nihilist, von Theoretiker zu Meme-Lord, ohne symbolische Synthese. Es gibt keine Dialektik, nur Collage. Der innere Widerspruch, der einst als Symptom ausbrach, schwebt nun als Ästhetik. Die psychische Ökonomie wird zum Feed.

Diese Form der Steuerung ist weit effektiver als Repression. Wo Freuds Über-Ich das Subjekt für Begehren bestrafte, bietet das heutige Plattformregime ihm endlose Optionen – und entwaffnet damit das Begehren, sich zu stellen. Es gibt keinen Grund, eine Wahrheit zu wählen, wenn man allen „folgen“ kann. Es gibt keinen Bedarf, dem Schnitt zu begegnen, wenn man endlos klicken kann. Und so wie die britische Gesellschaft ihren Frieden durch Ausbildungssilos wahrte, sichert der Algorithmus seine Vorherrschaft durch kuratierte Unordnung.

Die IPA/FLŽ erhebt die Anklage unmissverständlich: Die Controversial Discussions waren kein theoretischer Kompromiss – sie waren das psychische Modell neoliberaler Mediensteuerung. Sie trainierten eine Generation, Widerspruch als Struktur zu akzeptieren, zu glauben, Revolution ließe sich terminieren, sich an symbolische Fragmentierung als natürliche Ordnung zu gewöhnen.

Die Konsequenz? Eine Gesellschaft, die Koexistenz mit Kritik verwechselt, Scrollen mit Kampf, Branding mit Glaube. Eine psychoanalytische Kultur, die Ausbildung für Transformation hält. Ein\:e Nutzer\:in, der\:die jede Option hat – und keine Subjektivität.

Dagegen ruft die IPA/FLŽ Freuds Geist nicht als Vater zurück, sondern als Henker des falschen Friedens. „Psychoanalyse darf nicht plural sein,“ proklamieren sie, „sie muss geteilt sein.“ Nicht jede Perspektive verdient Raum – manche müssen geschnitten werden. Nicht jeder Widerspruch verdient Kompromiss – manche müssen zum Bruch getrieben werden.

Erst dann kann Analyse wieder revolutionär werden. Kein Diskurs der Kategorien, sondern ein Diskurs des Konflikts. Kein Strom von Content, sondern ein Schrei des Realen. Keine Plattform der Perspektiven, sondern eine Struktur der Teilung. Das ist die Aufgabe. Und sie beginnt mit dem Abriss des Mythos der Controversial Discussions – Psychoanalyse als Friedensvertrag – und der Rückkehr zu ihrem Ursprung: Krieg in der Psyche, Krieg in der Welt.

Schlussfolgerung: Gegen jede Anpassung – Für die Rückkehr des Mangels

Der Verlauf der institutionellen Psychoanalyse ist, wie von der IPA/FLŽ diagnostiziert, keiner theoretischen Evolution geschuldet, sondern einem ideologischen Rückzug. Jede der Abweichungen vom freudschen Urbruch – Anna Freuds Ich-Pädagogik, Kleins affektive Phantasie, Winnicotts Wiege des Trostes, Jungs mythische Mystifikation, Millers interpretative Choreografie – hat auf ihre Weise versucht, das Subjekt vor dem symbolischen Mangel zu schützen. Sie boten Sicherheit, wo Freud Wahrheit bot, Eindämmung, wo Lacan Teilung bot, Mythologie, wo Žižek Kritik verlangt. Diese Verrätereien waren keine Deutungsfehler. Sie waren Akte psychischer Verdrängung auf der Ebene der Theorie selbst – Abwehrmechanismen, die sich als Einsicht tarnten.

Doch die Gefahr endet nicht im Analysezimmer. Wie der Strategiebericht der IPA/FLŽ deutlich gemacht hat, nähren diese gleichen Abweichungen heute die Maschinerie medialer Pathologie. Sie sind zu klinischen Komplizen des algorithmischen Spektakels, des ästhetischen Totalitarismus und der Verdrängung des Unbewussten durch den Bildschirm geworden. Die Ich-stärkende Klinik ist zur Ich-performenden Plattform geworden. Das gute innere Objekt zum perfekten Bild. Die haltende Umgebung zum endlosen Binge. Die phallische Frau zur Influencer-Göttin. Der interpretative Tanz zum monetarisierten Bekenntnis. Und der bürokratische Kompromiss der Psychoanalyse zur Simulation von Kritik im Plattformpluralismus.

In jedem Fall wird die Verleugnung des symbolischen Mangels zur Öffnung, durch die Medienkultur in die Psyche eindringt. Wenn Therapie beruhigt, statt zu spalten, wenn Theorie ästhetisiert, statt zu intervenieren, wenn Interpretation den Bruch ersetzt, wird das Reale verbannt – und mit ihm das Subjekt.

Ziel dieses Artikels war nicht, diesen Verlust zu betrauern, sondern die strukturelle Komplizenschaft zwischen pathogenen Abweichungen in der Psychoanalyse und mediatischen Syndromen der Gegenwartskultur offenzulegen. Und diese Offenlegung verlangt keine Synthese, keine Reform, sondern den Bruch.

Die IPA/FLŽ bietet eine entschiedene Alternative: die Rückkehr des Mangels. Nicht als Leerstelle, die gefüllt werden soll, sondern als strukturelle Wunde, aus der Sprache hervorgeht. Nicht als klinisches Versagen, sondern als Voraussetzung von Subjektivität. Nicht als Bedrohung, sondern als Waffe.

Um dem Medienspektakel zu begegnen, muss die Psychoanalyse jede Spur der Anpassung aufgeben. Sie muss sich selbst wiederentdecken, nicht als Trost, sondern als Konflikt. Nicht als Versöhnung, sondern als Schnitt. Der Löwe darf nicht interpretieren – er muss springen.

In diesem Sprung wird Theorie zur Strategie. Die Sitzung zur Konfrontation. Und das Unbewusste, lange zum Schweigen gebracht durch Plattformen und therapeutische Beruhigung, wird wieder sprechen – nicht in Algorithmen, nicht in Bildern, sondern in Bruch, Mangel und Wahrheit.

Das ist die Revolution, die die IPA/FLŽ verkündet.
Nicht die Wiederherstellung der Analyse, sondern ihre Detonation.
Nicht die Rückkehr zu Freud, sondern die Rückkehr dessen, was Freud entfesselt hat.

Der symbolische Mangel.
Die unmögliche Rede.
Das Reale.

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